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Artikel von Beatrix M. Kramlovsky in »morgen / Kulturberichte« Nr. 1/1999

Die diesjährigen Hans-Weigel-Stipendien
zur Förderung von Schriftstellern

Mit Freude wählte die Jury einen ganz besonderen Lyriker, eine der perfekten leisen Stimmen Österreichs: Georg Bydlinski (Jahrgang 1956) wird sich, durch das Stipendium gestützt, an einen neuen Gedichtband heranschreiben.

Noch als Schüler begann er unter dem Einfluss der Lyrik Rilkes und Trakls eine eigene Melodie zu suchen. "Ich wusste nicht / was ich schreiben sollte / Da nahm mich die Sprache an der Hand." Während des Studiums in Wien (Anglistik/Amerikanistik und Religionspädagogik) hektographierte er eigene Gedichte, die Hochschülerschaft ermöglichte Lesungen, die hauptsächlich von ebenso literarisch Begeisterten besucht wurden. Unter den Zuhörern saß eine Studentin, die die Blätter sammelte und ihrer Tante, Käthe Recheis, vorlegte. Der Grundstein für eine befruchtende Teamarbeit war gelegt. Georgs Talent, lyrische Qualität aufzuspüren, und sein soziales Engagement konnten sich vereinen: Gemeinsam mit Käthe Recheis machte er die österreichische Leserschaft mit gelungenen Übertragungen indianischer Literatur bekannt. (Von 1983 bis 1996 erschienen sieben Bände des Autorenduos.)

Käthe Recheis ermutigte ihn auch, Kinderliteratur zu schreiben, die den strengen Regeln von Einfachheit, Einprägsamem und Bildhaftem unterliegt. Er sponsierte 1981 und beschloss, tatkräftig ermuntert von seiner Frau Birgit, 1982 eine Laufbahn als freier Schriftsteller einzuschlagen. Bis jetzt schrieb er (als miterziehender Vater von vier Söhnen mit eigener kritischer Leserschaft versorgt) über zwanzig Kinderbücher, Geschichten, Reime, Lieder, die teilweise auch in andere Sprachen übersetzt wurden. Preise und Auszeichnungen folgten. Als Herausgeber und Lektor der "edition umbruch" beschäftigt er sich seit Jahren mit Sprache auch aus der Sicht des Lesenden.

Sprache ist für ihn aber immer ein Vehikel, um Bilder, Ideen, Konzepte weiterzutragen. Natürlich geht es ihm – in Prosa und Lyrik – darum, vollkommene Metaphern zu finden, in einer erstaunlichen Knappheit und Dichte den Blick auf den eigenen Stellenwert, auf die Welt als Gesamtkunstwerk, in dem wir einzigartiger Teil unter vielen einzigartigen Teilen sind, zu richten. Der indianische Einfluss und die Sehnsucht nach den verschwundenen Gärten der Kindheit (in seinem Fall die grünen steirischen Waldberge) treffen aufeinander, die Begeisterung für Lorca, Alberti, Bly, Fritz führt ihn weiter in die feilende Schwerarbeit, die man guten Gedichten nie anmerkt. Mit Bildern wie "Sonne / Ikone / auf Blau" nähert er sich der verblüffenden Einfachheit und Dichte im Werk Wislawa Szymborskas. Er hat schon Recht, wenn er "Wer könnte den Schatten / der gebückten Alten nachzeichnen / mit Worten" fragt, erschlagen vor der Fülle des zu Beschreibenden steht ("welches Versagen schließlich / vor der Enzyklopädie / der Straßengerüche").

Wir können uns darauf freuen, dass er – auch mit Hilfe dieses Hans-Weigel-Stipendiums – die passende Melodie, das berührende Bild, die Worte für uns findet, den Gleichklang in uns weckt.

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